Thema:Dreizehn Empfehlungen zur Neuausrichtung der Drogenpolitik in Leipzig
Auftraggeber: 381 Dezernat Jugend Soziales Gesundheit und Schule
Datum: 05/11/2012

Das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule und die Polizeidirektion Leipzig informieren:

Dreizehn Empfehlungen zur Neuausrichtung der Drogenpolitik in Leipzig

Die gemeinsame Fachkommission zur Drogenpolitik aus Vertretern der Stadt Leipzig und der Polizeidirektion Leipzig legt den Bericht ihrer Arbeit zur Problematik der illegalen Drogen in Leipzig vor. Dieser umfasst ein Lagebild und dreizehn Empfehlungen zur künftigen Ausrichtung der Drogenpolitik in Leipzig und für die Steuerung von behördenübergreifenden Abstimmungsprozessen.

Bürgermeister Thomas Fabian: „Wir haben miteinander intensiv diskutiert und ich freue mich über die erzielte Einigung zur Ausrichtung der Drogenpolitik in Leipzig. Stadt und Polizei haben unterschiedliche Aufgaben, klar ist aber auch: Eine wirkungsvolle Drogenpolitik muss ein ausgewogenes Verhältnis von Prävention, Suchthilfe und Repression schaffen. Dafür hat die Fachkommission eine gute Grundlage erarbeitet. Ihre Empfehlungen zeigen den Weg: noch intensivere Zusammenarbeit aller Akteure und neue Konzepte. So stellen wir uns gemeinsam den aktuellen drogenpolitischen Herausforderungen.“

Situation

Die Zahl der in den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen in Leipzig betreuten Betäubungsmittelkonsumenten lag im Jahr 2011 bei 1.338 und hat sich im Zeitraum seit 2000 um 329 Personen verringert. Der Anteil betreuter Konsumenten illegaler Drogen zur Gesamtzahl der Hilfesuchenden bei den Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen blieb im Vergleichszeitraum von 2000 (38,2 %) bis 2011 (37,8 %) annähernd gleich. Die Anzahl der Substitutionsbehandlungen belief sich in Leipzig im Jahr 2011 auf 897 (inkl. Wiederaufnahmen). Zum Stichtag 31.10.2011 wurden 464 Patienten behandelt.

Für Leipzig sind erhebliche Veränderungen des Drogenmarktes festzustellen: Bei Cannabisprodukten ist ein gestiegener Wirkstoffgehalt zu verzeichnen, der mit einer höheren Gefährdung der Konsumenten einhergeht. Des weiteren werden künstliche Cannabinoide registriert, deren gesundheitsschädliche Wirkung aufgrund der Verschiedenartigkeit der verwendeten Substanzen nicht eingrenzbar ist. Im Bereich der Methamphetamine – insbesondere bei Crystal – ist eine gesteigerte Nachfrage zu beobachten, die unter anderem mit der abnehmenden Verfügbarkeit von Heroin in Leipzig einhergeht. Crystal hat ein besonders hohes Suchtpotential und verursacht in verhältnismäßig kurzer Zeit schwere und irreversible Gesundheitsschädigungen. Die mit dem Konsum einhergehende zunehmende Aggressivität der Konsumenten stellt alle Partner der Suchthilfe vor neue Herausforderungen.

Die in den vergangenen Jahren kontinuierlich rückläufige Gesamtkriminalitätsbelastung verzeichnet seit 2010 wieder eine steigende Tendenz. Bei einem Bevölkerungsanteil von rund 13 Prozent ist Leipzig mit 22 Prozent Straftatenanteil an allen in Sachsen registrierten Straftaten überproportional belastet. 2011 waren 1.458 Betäubungsmitteldelikte zu verzeichnen. Die Beschlagnahme größerer Heroinmengen in den Jahren 2010 und 2011 ging einher mit rückläufigen Fallzahlen des festgestellten Heroinbesitzes und einem Anstieg des Heroinpreises. Durch den verzeichneten Umstieg auf Crystal erhöhte sich auch der tägliche Finanzbedarf der Drogenkonsumenten, welcher oftmals durch indirekte Beschaffungskriminalität gedeckt werden muss. Diese Entwicklung wird durch die besondere Sozialstruktur Leipzigs und durch die einer Großstadt immanenten Tatgelegenheits- und Absatzstrukturen begünstigt. Die klassischen Kriminalitätsfelder der indirekten Beschaffungskriminalität sind in Leipzig auf hohem Niveau ausgeprägt. Signifikant ist der seit 2006 zu beobachtende Anstieg des Wohnungseinbruchsdiebstahls auf mittlerweile 1.429 Fälle im Jahr 2011. Die in 2011 hohe Anzahl an Laden- und Fahrraddiebstählen sowie der Diebstähle rund ums Kfz mit jeweils mehr als 4.500 Sachverhalten sind ebenso Felder der indirekten Beschaffungskriminalität.

Empfehlungen

Aufbauend auf den bisherigen Bemühungen der Prävention, Therapie, Schadensminderung (Verringerung der individuellen negativen Folgen des Suchtmittelkonsums) sowie der Repression gilt es, auf die neuen Herausforderungen Antworten zu finden, um den schwieriger werdenden Bedingungen angemessen zu begegnen und so dem berechtigten Anspruch auf Hilfe für Drogenabhängige und dem Schutz der Bevölkerung vor Kriminalität gleichermaßen gerecht zu werden sowie dem Einstieg in den Drogenkonsum durch zielgerichtete Präventionsmaßnahmen vorzubeugen. Dies kann nur über eine konstruktive Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure gelingen. Die Fachkommission gibt dazu folgende Empfehlungen:


    1. Drogenpolitischen Leitlinien aktualisieren,

    2. Maßnahmen der Prävention, Suchthilfe und Repression an den zu aktualisierenden Leitlinien der Stadt Leipzig zur Drogenpolitik ausrichten,

    3. Informationsaustausch zwischen den Gremien Drogenrapport, Drogenbeirat und Kriminalpräventiver Rat intensivieren,

    4. Vernetzung von Behörden, Organisationen und Einrichtungen zur Gewinnung leipzigspezifischer Statistikdaten und Erkenntnisse für Präventionsansätze stärken,

    5. Lagebedingte Gründung stadtteilbezogener Arbeitsplattformen nach dem Vorbild des Aktionsbündnisses „Sicherheit im Leipziger Osten“ fördern,

    6. Gemeinsames Projekt zur Gewährleistung einer schnelleren pädagogischen Intervention im Jugendstrafverfahren bei Tätern mit Betäubungsmittelhintergrund einrichten,

    7. Zugang erstauffälliger Betäubungsmittelkonsumenten zum Suchthilfesystem im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens verbessern,

    8. Fort- und Weiterbildung der verschiedenen Professionen zur Sicherung eines aktuellen Wissenstandes und Stärkung des gegenseitigen Verständnisses für die Arbeit des jeweils anderen stärken,

    9. Drogenpolitische Themen sachorientiert und ideologiefrei behandeln,

    10. Transparente Evaluation als selbstverständlichen Bestandteil von Maßnahmenentwicklung verstärken,

    11. Projekte zur Reintegration von Betäubungsmittelkonsumenten fördern,

    12. Maßnahmen zum verstärkten Schutz der Bevölkerung vor indirekter Beschaffungskriminalität und zur Reduzierung des Drogenangebotes verbessern,

    13. Substitution von Opiatabhängigen entsprechend den Leitlinien der Bundesärztekammer sachgerecht unterstützen.


Kontakt:
Stadt Leipzig:
Dr. Ingrid Möller, stellv. Amtsleiterin Gesundheitsamt,
Tel.: 0341 1236809, E-Mail: gesundheitsamt@leipzig.de


Polizeidirektion Leipzig:
Pressestelle, Tel.: 0341 96642627, E-Mail: presse.pd-leipzig@polizei.sachsen.de

381-mmb-Drogenkommission Bericht.pdf 381-mmb-Drogenkommission Bericht.pdf 381-Drogenkommission Bericht text.pdf 381-Drogenkommission Bericht text.pdf


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