Haushalt-Antrag
Antrags-Nr.: A 0001 23/24
Beschluss-Nr.:
Datum:08.02.2023
Einreicher:Migrantenbeirat
Beschlussfassung in:öffentlicher Sitzung
Block für RV:abgelehnt
Ergebnis Stadtrat:abgelehnt



Beschlussantrag

Betrifft:

Aufstockung Stellen Ausländerbehörde Leipzig
Beratungsfolge:08.02.2023 Ratsversammlung
14.01.2023 FA Finanzen
14.02.2023 FA Allgemeine Verwaltung


Beschlussvorschlag/Begründung

1) In der Ausländerbehörde werden im Doppelhaushalt 2023/2024 zusätzlich 6 Stellen im Bereich der Einbürgerung sowie 6 Stellen im Bereich des Allgemeinen Aufenthaltsrechts eingestellt.
2) In der Ausländerbehörde wird im Doppelhaushalt 2023/2024 ein Front-Office mit 4 neuen Stellen eingerichtet.



Die Ausländerbehörde Leipzig ist personell unterbesetzt und kann ihren Aufgaben daher momentan nicht in dem zeitlichen Rahmen gerecht werden, der angesichts der Bedeutung der Bearbeitungsgegenstände angemessen wäre. Einem Stellenbedarf in Höhe von 52 Vollzeitstellen im Jahr 2018 standen bereits damals eine Stellenausstattung von 44 Vollzeitstellen gegenüber.1 Angesichts der steigenden Ausländerzahl in Leipzig (2018: 54.639, 2022: 71.283, +30%) – nicht zuletzt durch die Ukrainekrise – kann angenommen werden, dass der tatsächliche Bedarf im Jahr 2022 um einiges höher liegt als 2018 berechnet. Eine entsprechende Erhöhung der Anzahl der Mitarbeitenden hat, unseres Wissens nach, nicht stattgefunden. Das diese Entwicklung zu Serviceeinschränkungen führen muss, liegt auf der Hand und wird dem Migrant/-innenbeirat regelmäßig durch Schilderungen von sehr langen Bearbeitungszeiten bestätigt, die für die Betroffenen Ausländer/-innen zu ernsthaften Problemen, u.a. mit Arbeitgeber/-innen, der Kindergeldstelle, Kitas und dem Jobcenter, führen.


Dieses Problem existiert nicht nur in der Ausländerbehörde in Leipzig. Eine SWR Befragung von 216 Ausländerbehörden ergab, dass die Arbeitsbelastung bei allen "zugenommen" oder sogar "stark zugenommen" hat, während die Personalsituation als "angespannt", von der Mehrheit sogar als "sehr angespannt" beschrieben wurde.2 Hinsichtlich des Bereichs der Einbürgerung sind die Zahlen der Anträge im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr bereits um 20% gestiegen.3 Es ist anzunehmen, dass Einbürgerungsanträge mit zunehmendem zeitlichem Abstand zu den Jahren mit den höchsten bisherigen Immigrationszahlen zunächst weiterhin steigen werden. Es wäre daher eine logische Konsequenz die Anzahl der Mitarbeitenden in diesem Bereich entsprechend zu erhöhen. Nur so können Konsequenzen für die Kund/-innen, die ggf. zu signifikanter Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität und Karrierechancen führen, vermieden werden.

Die aktuellen Serviceeinschränkungen werden darüber hinaus insbesondere in der eingeschränkten Erreichbarkeit der Ausländerbehörde sichtbar. Zwar wurden im Jahr 2020 Rufnummern geschaffen, welche die grundsätzliche Erreichbarkeit der Behörde positiv beeinflussten – eine Entwicklung die wir sehr begrüßen, da Ausländer/-innen damit in die Lage versetzt werden ihre Anfragen ortsungebunden telefonisch an die Ausländerbehörde zu richten und nicht in jedem Fall die Behörde aufsuchen müssen. Das zur Verfügung stehende Personal scheint indes nicht ausreichend, um die vielen Anrufe entgegennehmen zu können. So warten Ausländer/-innen regelmäßig sehr lange in der Warteschleife der Ausländerbehörde. Dabei ist es aus unserer Sicht jedoch nicht zielführend weitere Sachbearbeiter/-innen von der Bearbeitung der Anträge abzuziehen, da das Problem hierdurch lediglich verlagert wird und die Menschen noch länger auf die Bearbeitung ihrer Anträge (s.o.) warten müssen. Ein weiterer Aspekt ist die Wartezeit auf einen Termin zur Erfassung der biometrischen Daten, welche sich unseren Informationen nach auf bis zu 6 Wochen nach abschließender Bearbeitung der Anträge erstreckt. Hinzu kommen 6 Wochen für den Druck der elektronischen Dokumente, wodurch zwischen der Entscheidung und dem tatsächlichen Erhalt der Dokumente bis zu 12 Wochen liegen. Aus Gesprächen mit der Ausländerbehörde ist uns bekannt, dass immer wieder Personal aus der Titelerteilung abgezogen wird, um die Wartezeit zu verringern. Das ist jedoch nicht zielführend, da darunter selbstverständlich andere Aufgaben liegen bleiben.

Den beiden geschilderten Herausforderungen könnte durch die Einrichtung eines Front Office erheblich besser begegnet werden. Sowohl die verstärkte Verfügbarkeit an der Hotline der Ausländerbehörde durch eine höhere Zahl an Mitarbeitenden als auch die Möglichkeit, die Anzahl von Terminen zur Biometrieerfassung zu erhöhen, würde sich positiv auf die Geschwindigkeit der Prozesse und die Erreichbarkeit der Behörde auswirken. Die Stadt Darmstadt nimmt aktuell eine Vorreiterrolle bei diesem Modell ein, da sie als Konsequenz einer Organisationsuntersuchung die Ausländerbehörde neuorganisiert und ein Serviceteam eingerichtet hat, dass die Terminvergabe koordiniert und eine erste Anlaufstelle für alle Anliegen darstellt.4

Die Stadt Leipzig versteht sich als eine weltoffene Stadt, die Chancengerechtigkeit schaffen will.5 Diesem Selbstverständnis entsprechend ist es unerlässlich eine Ausländerbehörde hinreichend personell auszustatten, um Ausländer/-innen die existierenden bürokratischen Hürden nicht zusätzlich durch lange Wartezeiten zu erhöhen und damit Nachteile in Alltag und Arbeit zu kreieren. Vielmehr sollte eine zügige Bearbeitung der Anliegen Klarheit über Aufenthaltsstatus und Leistungszugänge ermöglichen, die eine Planbarkeit des Lebens in Leipzig und individueller Zukunftsentscheidungen gewährleistet.

1 Die Zahlen ergeben sich aus der schriftlichen Antwort auf die Anfrage Nr. VI-F-07862-AW-01.
2 Siehe https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/auslaenderbehoerden-ueberlastung-101.html.
3 Die Zahlen wurden vom statistischen Bundesamt veröffentlich,
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/06/PD22_237_125.html.
4 Siehe Darmstadt: E-Akte entlastet Ausländerbehörde | Kommune21 - E-Government, Internet und Informationstechnik.
5 Siehe https://static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.1_Dez1_Allgemeine_Verwaltung/Konzept-
Moderne-Verwaltung-fur-die-wachsende-Stadt-Leipzig.pdf